En visite chez des amis – Zu Besuch bei Freunden: Eine Woche Schüleraustausch in Nérac

Am Freitag, dem 5.April, war es nach zwei Jahren wieder so weit. Gegen 18 Uhr bestiegen 30 Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klassen einen Bus und machten sich in Begleitung von Gabi Zaus und Peter Arzberger auf den Weg zu unserer Partnerschule in den Südwesten Frankreichs.

Stolze 1500 km waren von Eschenbach bis nach Nérac im Département Lot-et-Garonne in der Region Nouvelle Aquitaine zu bewältigen. Den meisten gelang es wohl, zumindest Teile der Fahrt schlafend hinter sich zu bringen, lang war es aber allemal. Eine Busfahrt quer durch die Südhälfte Frankreichs hat freilich auch ihre Reize. Und spätestens als es am Samstagmorgen hell wurde, lohnte wieder der Blick aus dem Fenster. Nach einer Phase mit strahlendem Sonnenschein und sehr milden Temperaturen hatte in Frankreich – die Freunde aus Nérac hatten uns schon vorgewarnt – das Wetter umgeschlagen. Nun rollten wir durch eine fast ein wenig winterlich anmutende Landschaft und manch einer blickte wohl mit einem leichten Frösteln auf die von Schnee überzuckerten Vulkankegel der Auvergne, die in der Ferne an uns vorüberzogen. Aber keine Angst, Nérac liegt ja nicht auf 1000 Metern Höhe im Zentralmassiv, sondern deutlich niedriger und vor allem deutlich südlicher! Und so war, als wir die unwirtliche Berggegend in Richtung Südwesten verlassen, als wir die Dordogne überquert und - immer weiter nach Süden vordringend – das Tal der Garonne erreicht hatten, auch wenn sich die Sonne tatsächlich rar machte, nicht mehr zu übersehen, dass der Frühling hier bereits Einzug gehalten hatte und die Vegetation schon deutlich weiter fortgeschritten war als bei uns. Was hier schon blühte, lag in der nördlichen Oberpfalz noch im Winterschlaf. Die Fahrt ging zügig voran, und mit jedem Kilometer, den wir unserem Ziel näher kamen, stieg im Bus die Neugier, die freudige Erregung, aber auch die Nervosität vor der ersten Begegnung mit den Austauschpartnern, die man bis dahin nur per Brief, per E-Mail oder per Facebook kennen gelernt hatte. Wie würde man empfangen werden? Was sollte man zur Begrüßung sagen? Schnell noch mal im Wörterbuch nachschlagen, den Freund, die Freundin, die Französischlehrer fragen, ein paar Sätzchen auswendig lernen… Alles halb so schlimm! Rein meteorologisch empfing uns Nérac zwar eher kühl – es regnete, als wir die Koffer ausluden – die Aufnahme in den Familien war dafür umso herzlicher und harmonischer, und nach weniger als einer halben Stunde waren all unsere „Austauschwaisen“ auf dem Weg in ihr einwöchiges neues Zuhause. Das Wochenende in den Gastfamilien wurde mit Sport, Spiel oder Ausflügen, oft auch mit der einen oder anderen Kostprobe regionaler Spezialitäten – foie gras de canard oder die köstlichen einheimischen Erdbeeren zum Beispiel (mit den unsrigen nicht zu vergleichen!) – aber immer kurzweilig und abwechslungsreich verbracht. Und so gab es, als man sich am Montagmorgen auf dem Schulhof wiedertraf, jede Menge Gesprächsstoff. In der ersten Stunde versammelte sich die gesamte Austauschgruppe im Speisesaal und wurde von den beiden Schulleiterinnen des Lycée George Sand und des Collège Henri de Navarre begrüßt. Nach einem gemeinsamen Frühstück durften die deutschen Schüler den Sieger eines Zeichenwettbewerbs der Sixièmes (Anfangsklassen des Collège) zum Thema „L`amitié franco-allemande“ küren. Anschließend ging es zu Fuß in die Altstadt, wo es in Form einer Stadtrallye den historischen Stadtkern und Begebenheiten aus der Geschichte von Nérac zu entdecken galt. Am Nachmittag stand mit einem Bummel durch die Nachbarstadt Agen eine Aktivität auf dem Programm, die sich auch bei dem noch immer etwas regnerischen Wetter angenehm gestalten ließ.

Am Dienstag ging es nach einer Teilnahme am Unterricht nach Buzet. Die Besichtigung der Einrichtungen der dortigen Winzergenossenschaft (Kelterei, Gärkeller, Reifekeller, Abfüllanlage u.s.w.) gab Einblick in die Bedeutung des kleinen, aber immer bedeutender werdenden Anbaugebiets für die Region. Das Nachmittagsprogramm bildeten zwei weitere für die Region typische Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung von Nérac: die Festungsmühle von Barbaste, eine Mischung aus Mühle, Zollstation und Verteidigungsanlage, und die Bastide von Vianne, ein von einer trutzigen Mauer umgebenes Wehrdorf aus der Zeit des Hundertjährigen Krieges. In Vianne bestand außerdem noch die Gelegenheit, die Werkstatt des dortigen Glasbläsers zu besuchen.

Am Mittwoch unternahm die Gruppe in Begleitung der französischen Austauschpartner einen Ausflug nach Bordeaux. Eine Führung durch das historische Zentrum, die an der Handelsbörse am Ufer der Garonne begann, gab einen Eindruck vom Flair dieser ungeheuer weitläufig und großzügig angelegt wirkenden Stadt, die ihren Reichtum einst als Zentrum des Seehandels erworben hat und ihr historisches Stadtbild nicht zuletzt dank umfangreicher Restaurierungsmaßnahmen vielerorts erhalten konnte. Nach der Mittagspause gab es Gelegenheit zu einem Bummel durch die Rue Sainte-Catherine, die die Hauptachse der Fußgängerzone bildet.

Am Donnerstag wurde es gewissermaßen „total regional“. Zunächst studierte Herr Saint Arroman, ein Kollege vom Collège Henri de Navarre, mit den Schülern einen baskischen Volkstanz ein, dann ging es mit dem Bus noch einmal nach Agen, aber diesmal nicht in die Innenstadt, sondern zum Rugbyclub SUA Agen. Dort wurde uns eine besondere Ehre zuteil: Der ehemalige französische Rugby-Nationalspieler und jetzige Manager des Klubs, Philippe Sella, führte uns durch die Anlagen des Vereins und gab uns aufschlussreiche Einblicke in das Rugbyspiel, das im Südwesten Frankreichs die bei weitem populärste Sportart ist.
Am Nachmittag besuchten wir die ehemalige Klosteranlage von Flaran, wo die Schüler in Form eines Cluedo-Spiel den Alltag der mittelalterlichen Mönche entdecken konnten. Außerdem beherbergt die Abtei eine sehenswerte Gemäldegalerie mit Werken zahlreicher berühmter und bedeutender Künstler.

Am Donnerstagabend stand eine „Soirée basque“ im Speisesaal der Schule auf dem Programm. Nach einem gemeinsamen Abendessen mit regionaler Küche wurden die Preise für die Stadtrallye verliehen und anschließend durfte getanzt werden.

Am Freitag ging es noch einmal in den Unterricht und anschließend ins Schloss, wo uns eine Führung vor allem das Lebens Heinrichs von Navarra, des späteren Königs Henrichs IV., und seine Bedeutung für Nérac näherbrachte.

Nach dem Mittagessen wurde es noch einmal typisch französisch: Wir trafen uns zu einer Partie Pétanque auf der Place de la Liberté, wo auch die einheimischen Boulespieler gerne ihrer Passion nachgehen. Die Kugeln hatten freundlicherweise die französischen Kollegen und die Gastfamilien zur Verfügung gestellt. Kugeln hat hier fast jeder, denn Pétanque ist (neben Rugby) der zweite „Natoinalsport“. Mit dem entscheidenden Vorteil, dass hier – im Gegensatz zu Rugby – wirklich jeder mitspielen kann.

Den krönenden Abschluss des Nachmittags und damit auch schon unseres Aufenthalts bildete ein Besuch im Rathaus, wo der Bürgermeister die Gruppe begrüßte und wo die Preise für den erwähnten Zeichenwettbewerbs der Sixièmes verliehen wurden.

Ein letzter Spaziergang durch die Innenstadt führte zurück zur Schule, wo schon der Bus auf die Eschenbacher und ihr Gepäck wartete. Nach einer herzlichen Verabschiedung von den Austauschpartnern und ihren Familien, bei der auch die eine oder andere Träne floss, traten wir kurz nach 17 Uhr mit einem ganzen Paket neuer Eindrücke und viel Vorfreude auf den Gegenbesuch der Franzosen im Juni die Heimreise an. Au revoir, les amis. Merci beaucoup et à bientôt!

(P.A.)