Schüleraustausch mit Bratislava – ein Bericht über unseren Besuch vom 13.09.24 bis 21.09.24

Nach einer abenteuerlichen Bahnfahrt sind am 21. September 2024 spät in der Nacht die 14 Teilnehmer am diesjährigen Austausch mit dem Jura Hronca Gymnasium in Bratislava von ihrem Aufenthalt in der Slowakischen Republik zurückgekehrt.

Auf Seiten der Partnerschule war diese Begegnung in bewährter Weise von Dr. J. Mayer organisiert worden; A. Hofmann und M. Weinzierl begleiteten die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Eschenbach in das Land ihrer Gastgeber.

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Weil infolge anhaltender Regenfälle die Zufahrt zur Burg Devin, einer für das slowakische Nationalbewusstsein wichtigen Stätte, überflutet war, besuchten wir zu Beginn unseres Programms das äußerst sehenswerte Stadtmuseum von Bratislava. Staunend durften wir zur Kenntnis nehmen, dass diese Einrichtung ab 1970, also in der Zeit der kommunistischen Herrschaft, eine umfangreiche Sammlung von Paramenten und Klosterarbeiten übernehmen konnte, die nach einer gelungenen Restaurierung in den historischen Räumlichkeiten des Alten Rathauses eindrucksvoll präsentiert wurden. In den Abteilungen, die dem Wirtschafts- und Vereinsleben der Stadt gewidmet waren, wurde sehr deutlich, wie bunt das gesellschaftliche Leben von Bratislava in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg gewesen war. Besonders interessant war die Dokumentation über das Unternehmen „Isabella“. Dieser Betrieb wurde von der äußerst energischen Erzherzogin Isabella von Croÿ (1856–1931) protegiert und stellte Stickereien von hoher Kunstfertigkeit und Originalität her. Da diese wertvollen Produkte auf vielfältige Weise verwendbar waren – sie konnten auf Vorhänge, Decken, Altardecken oder vornehmer Kleidung aufgenäht werden –, waren sie bis 1918 sehr gut verkäuflich. Es versteht sich von selbst, dass in diesem Museum auch das Thema „Bratislava – Krönungsstadt der Könige von Ungarn“ ausführlich behandelt wurde.

Dass wir nach dem Wochenende plangemäß unsere Fahrt nach Wien antreten konnten, war dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass Herr Dr. Mayer für diesen Tag den Bus eines privaten Unternehmens gemietet hatte. (Züge fuhren wegen des schlechten Wetters nicht.) Aufgrund der Tatsache, dass die Donauauen komplett überflutet waren und das Wasser über weite Strecken bis an die Fahrbahn heranreichte, konnte man den Eindruck haben, dass sich unser Bus auf einer Brücke fortbewegte. Die Erkundung der Innenstadt von Wien war dennoch ohne große Probleme möglich: Im Rahmen einer Stadtrallye, die am Stephansplatz ihren Anfang nahm, begaben sich unsere Schüler über Graben und Kohlmarkt zur Hofburg, um schließlich, nach einer Pause, entweder die Albertina oder das Naturhistorische Museum zu besichtigen. In dieser Sammlung waren die gewaltigen Dimensionen eines Dinosaurierskeletts oder eines Blauwalkopfes zu besichtigen, in jener einige der berühmtesten Grafiken der Welt, wie beispielsweise die „Betenden Hände“ von Alberecht Dürer (1471-1528) oder das Selbstportrait „Maler und Käufer“ von Pieter Brueghel d. Ä. (+ 1569).

In Bratislava war wegen Aufräumungsarbeiten im Park die berühmteste Sehenswürdigkeit, nämlich die Burg, leider nicht zugänglich. Spontan entschlossen wir uns, ersatzweise als Zuhörer einer Sitzung des Slowakischen Parlaments beizuwohnen, was sich deshalb anbot, weil es sich in unmittelbarer Nähe der Burg befindet. Wir erlebten dort eine engagierte Rede des Abgeordneten Jozef Pročko gegen die Pläne des Umweltministers, die wegen der Heftigkeit des Vortrags dem Parlamentspräsidenten ab und zu ein Augurenlächeln entlockte. Später erläuterte uns Herr Dr. Mayer, dass die Slowakische Wirtschaft zurzeit recht schwach ist, weil sie in sehr hohem Maße von der Automobilindustrie angetrieben wird und weil der Absatz von Fahrzeugen in Deutschland und Europa nur schleppend läuft. Beim Gang durch die Innenstadt informierten wir uns über die Geschichte der Synagoge am Fischplatz (Rybné námestie), die zwar den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatte, aber wegen des Baus der Neuen Brücke abgebrochen wurde. Nach einem Mittagessen im Jura Hronca Gymnasium rundete am Nachmittag eine Führung durch das Slowakische Nationaltheater das Programm dieses Tages ab.

Am nächsten Morgen bestiegen wir den Zug in Richtung Poprad, um im Norden der Slowakei das kleinste Hochgebirge Europas, die Hohe Tatra, zu erkunden. Unser erstes Ziel waren die Wasserfälle oberhalb von Starý Smokovec. In den Wanderpausen erläuterte uns Herr Dr. Mayer die ökologische Bedeutung des Naturreservates „Hohe Tatra“, ebenso die damit verbundenen Probleme und Interessenskonflikte: Nach Stürmen und oder bei Schäden, wie beispielsweise Käferbefall, kam es regelmäßig zu heftigen Debatten darüber, inwieweit der Mensch mit Hilfsmaßnahmen in die Natur eingreifen dürfe. Anpflanzungen von Bäumen haben den Sinn, die Bodenerosion zu verhindern und die Anzahl der Baumarten zu vermehren; doch sollen umgestürzte Bäume deswegen nicht beseitigt werden, weil sie als Totholz zur Behausung für Insekten werden und später die Bildung von Humus ermöglichen. In den oberen Lagen darf der Mensch in die Natur nicht eingreifen.

In Popradské pleso, dem am höchsten gelegenen Ort in der Hohen Tatra, tritt der Interessenskonflikt von Natur und Sport an einer unrenovierten Skisprungschanze zutage, die im Jahr 1970 für die Weltmeisterschaft im Skispringen errichtet worden ist und die nun unschön in die Himmel ragt. (Bewerbungen der Slowakei, erneut Austragungsort für diesen Wettkampf zu sein, waren bislang erfolglos.) Doch ist Derartiges nur als kleiner Mangel zu bewerten, der der Schönheit der Landschaft insgesamt keinen Abbruch tut, wie wir auf unserer Wanderung zu einem weiteren hoch gelegenen Wasserfall erleben durften.

Die Besichtigung von Kežmarok stand ganz im Zeichen des von Emmrich Thököly (1657-1705) geführten Aufstandes der Zipser Sachsen gegen das Haus Habsburg. Diese hatten sich der Reformation angeschlossen und wurden in späterer Zeit vom Kaiser Leopold I. (1640-1705) deswegen in ihrer Religionsfreiheit stark beschränkt. Beredtes Zeugnis dafür ist die berühmte Holzkirche von Kežmarok aus dem 17. Jahrhundert, bei deren Bau die Behörden die Verwendung von Eisennägeln untersagt haben.

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In dieser Stadt befindet sich außer einer eindrucksvollen Burg ein Schulmuseum, das in den Räumen eines ehemaligen Gymnasiums untergebracht ist. Dieses wollten wir schon allein deswegen besichtigen, weil dort der berühmte Mathematiker Jur Hronec (1881-1957), nach dem unsere Partnerschule benannt ist, die Schulbank gedrückt hat. Höchst beeindruckend ist darin die Sammlung von Büchern und frühen Drucken, zu der auch eine anatomische Darstellung des menschlichen Körpers von Heinrich Stromer (1476-1542) gehört. Stromer stammte aus Auerbach in der Oberpfalz. In Leipzig wird bis heute in einem Ensemble von Gebäuden, das einst nach ihm benannt war, das Restaurant „Auerbachs Keller“ betrieben, der durch Goethes Faust zu Berühmtheit gelangt ist.

Die Lehrkräfte, die diese Schülerbegegnung organisiert haben, freuten sich über das Interesse der Teilnehmer an den Sehenswürdigkeiten, solange unsere Reise dauerte; nicht weniger aber auch darüber, dass bei unserer schwierigen Heimfahrt – zwei der drei Züge, die wir gebucht hatten, fielen aus – niemand nervös oder gar unwillig wurde. Beeindruckend war, dass etliche Schüler mit konstruktiven Vorschlägen einen Beitrag dazu leisteten, dass wir trotz unserer unsicheren Lage noch relativ schnell nach Hause gekommen sind.

 

Abschließend soll nicht versäumt werden, dem Pädagogischen Austauschdienst in Bonn für die großzügige finanzielle Unterstützung zu danken, die uns im Rahmen des Schülerprogramms Erasmus Plus gewährt worden ist.

Wir freuen uns auf den Gegenbesuch im April 2025.
A. Hofmann, M. Weinzierl