Abschlussfeier
Diese Abi-Feier hatte es in sich: das Gymnasium Eschenbach verabschiedete am Freitagabend 86 Abiturientinnen und Abiturienten mit viel musikalischem Schwung und kurzweiligen Ansprachen. Heiß war’s und doch erfrischend angenehm bei so viel Lob des Schulleiters und den überragenden Abschlusszeugnissen. Fünf Schülerinnen und vier Schüler schafften sogar einen Notendurchschnitt zwischen 1,1 und 1,5.
Hinter ihnen liegen meist zwölf Schuljahre, vor ihnen ein ganzes Leben. Und was nun? Ausbildung, Studium, Soziales Jahr oder doch ein längeres Durchschnaufen nach all dem Lernstress? Bei der Abitur-Abschlussfeier, auch bescheiden „Entlassung“ genannt, legte jedenfalls Oberstudiendirektor Dr. Knut Thielsen den jungen Leuten das Beispiel des "Auszuges aus Ägypten“ ans Herz. Der Schulleiter interpretierte diesen „Exodus“ vor 3.000 Jahren als eine Flucht nach vorn, als Ausdruck von größtem Mut und als eine Demonstration eines unbesiegbaren Freiheitsdranges. „So mögen Sie, liebe Abiturienten, bei Ihren Wanderungen durchs Leben nach nomadischen Irrungen und Wirrungen eines Tages in einem gelobten Land ankommen“, wünschte der Schulleiter seinen ehemaligen Schützlingen.
Es war nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Bergkirche mit Dekan Thomas Jeschner und Pfarrer Dirk Grafe am Freitagabend in der Aula des Gymnasiums ein Abschied ohne Wehmut, dafür aber mit starkem Optimismus, mit viel Harmonie und guten Ratschlägen, immer wieder unterbrochen vom Beifall der Eltern und Gäste, unter ihnen stellvertretender Landrat Albert Nickl, eine honorige Bürgermeisterriege aus dem Einzugsbereich der Schule, Elternbeiratsvorsitzenden Reinhard Scharf und den Schulleitern des Eschenbacher Bildungshügels. Den musikalischen Rahmen setzten die Solistinnen Marion Klausfelder (Gesang), am Flügel begleitet von Hartmut Klausfelder sowie Sarah Wolf und Johanna Baumann (Geige). Die bunten Blumen- und Blütenarrangements kamen kostenlos von der Gärtnerei Fischer.
Fulminant wie brandaktuell eröffnete Dr. Knut Thielsen seine Abschiedsrede. Der Schulleiter fand nach dem nur wenige Stunden vorher feststehenden Austritt der Briten aus der Europäischen Union den Fixpunkt für ein leidenschaftliches Plädoyer zu einem vereinten Europa. Den sogenannten Brexit bezeichnete Thielsen als historischen Irrtum. Daraus folgernd empfahl der Chef-Pädagoge des Gymnasiums den jungen Leuten, wachsam und kritisch zu sein, zu beobachten und zu differenzieren und mutig und entschlossen für Kompromisse einzutreten. „Lernen Sie zu unterscheiden zwischen Lebenssituationen, die es auszuhalten gilt, dem Durchhalten, dem Standhalten und dem Mut, zu Neuem aufzubrechen“, so der Rat des Schulleiters.
Gespickt war die Rede des Oberstudiendirektors mit einem weiteren „Fixpunkt“. Auf das Thema Flucht eingehend nannte er Flucht oftmals als durchaus lebensrettenden Sprung zu neuen geistigen Ufern und zu einem Aufbruch, auf neuen Wegen Freiheit zu wagen. In diesem Sinne sei Flucht nichts Schlechtes, sondern als „beherzte Vorwärtsbewegung“ zu verstehen. Davon handelten in der Folge auch die weiteren Ratschläge an die jungen Menschen, ihr Leben in Verantwortung für das Ganze in die eigene Hand zu nehmen. Der letzte große Wunsch des Schulleiters vor der „Entlassung seiner Schüler“ handelte von der Hoffnung auf eine gute Ernte und von ein bisschen Dankbarkeit. „Lassen Sie es gelegentlich auch der Schule und den Eltern spüren, dass das gemeinsame Bemühen um Sie nicht umsonst war“.
Stellvertretender Landrat Albert Nickl zeigte sich in seinem Grußwort davon überzeugt, dass die Region mehr denn je den Abiturienten eine berufliche Zukunft bieten zu könne. „Nutzen Sie diese Möglichkeiten als künftige Akteure eines lebenswerten Landstriches“, appellierte der Vertreter des Landkreises an die jungen Leute. In Anspielung auf den Fiesta-Titel der Abiturzeitung empfahl Nickl eine Lebenseinstellung mit Herz und Leidenschaft, „dann machen auch weitere Fiestas Freude“. Auch im Namen seiner Kollegen gratulierte Eschenbachs Bürgermeister Peter Lehr zu einer guten Ausgangsposition. Für den weiteren Lebensweg gab der Kommunalpolitiker den Schülern frei nach Konfuzius den Ratschlag: „Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den Anderen“. Dank und Glückwünsch an Absolventen, Lehrer und Eltern übermittelte Elternbeiratsvorsitzender Reinhard Scharf. Hubert Haberberger, Vorsitzender des Fördervereins der Schule, gratulierte im Namen der Freunde des Gymnasiums und warb mit dem Franziskus-Wort „wer Früchte ernten will, der lässt die Wurzeln nicht vertrocknen“ für eine Mitgliedschaft beim Förderverein.
Für die Abiturientinnen und Abiturienten sprachen Sarah Wolf und Tan Dat Truong. Ein „letzter Rück- und Einblick“ von Sarah Wolf auf die Schulzeit mit vielen Schmankerln aus dem Schulalltag gab viel Anlass zum Schmunzeln. Tan Dat Truong war es vorbehalten, noch einmal den vielen Unterstützern auf dem Weg zum Schulabschluss zu danken. Namentlich würdigten die Abiturientensprecher vor allem die Oberstufen-Koordinatoren Dagmar Mense und Robert Kreuzer. Tan Dat Truong verriet: „Jetzt genießen wir erst einmal unseren gemeinsamen Urlaub“. Es folgten Dankesworte von Marius Koslowski und Andreas Dobmeier als Vertreter der Schülermitverwaltung und eine Ehrung der ausscheidenden Mitglieder des Schulsanitätsdienstes durch Janine Hoffmann. Weiterer Höhe- und Schlusspunkt war die Überreichung der Reifezeugnisse durch den Schulleiter und die Oberstufen-Koordinatoren. Der Trost von Dr. Knut Thielsen war dabei allgegenwärtig: „Schule ist weit mehr als Unterricht – und Unterricht ist weit mehr als Noten“. Das Ergebnis eines Lernerfolges sei deshalb mehr als eine Note, relativierte der Schulmann die nüchternen Zeugnisnoten.
Robert Dotzauer
Der Abiturjahrgang 2016 mit Schulleiter Dr. Knut Thielsen und den Oberstufen-Koordinatoren Dagmar Mense und Robert Kreuzer.