Bereits seit Wochen war der 17. Juli für die Zehntklässler des Gymnasiums Eschenbach ein Tag zum Entgegenfiebern. Für die meisten Schüler war es eine Premiere, die gesamtdeutsche Hauptstadt „live“ erleben zu dürfen. Mitten in den Berliner Ferien durften viele Eschenbacher zum ersten Mal in ihrem Leben die Luft einer echten Metropole Europas schnuppern.
Unter Leitung der Lehrkräfte K. Kraus, J. Hoffmann und Ch. Gnahn sollte der Besuch des jüdischen Museums in Kreuzberg den Auftakt zu einem abwechslungsreichen Programm bilden, in dem nicht nur geschichtliche Aspekte ihren Platz fanden, sondern auch politische und kulturelle Highlights der Hauptstadt von den Schülern erkundet wurden.
Die seit 1999 bestehende Ausstellung „Story of Berlin“ zeigte den Schülern Einblicke in die 800-jährige Geschichte der Stadt, begonnen mit einer Ansammlung kleiner Dörfer in einer Sumpflandschaft über die Phase als preußisches Machtzentrum, die Teilungsphase im Kalten Krieg – die auch durch den Besuch eines Atomschutzbunkers für 3600 Berliner nur allzu deutlich ins Gedächtnis gerufen wurde – bis zum heutigen wiedervereinigten Regierungssitz und unbestrittenen kulturellen Zentrum der Bundesrepublik Deutschland. So konnte der obligatorische Besuch im Reichstag mit der beeindruckenden Glaskuppel von Norman Foster selbstverständlich nicht fehlen. Trotz Abwesenheit von MdB Werner Schieder wurden die Schüler von dessen Personal mit Präsenten empfangen.
Ein „original Berliner Stadtführer“ sorgte mit vielen humorvollen Anekdoten am nächsten Morgen dafür, dass den Schülern auch Hintergrundinformationen zu den Stadtteilen Kreuzberg, Berlin-Mitte und Friedrichshain zugänglich wurden, die nicht in konventionellen Geschichtsbüchern und Reiseführern zu finden sind. Welcher Bayer wusste schon vorher, wie das Kanzleramt zu seinem Spitznamen „Waschmaschine“ kam oder wie man es als türkischer Migrant schaffte, mitten im Kalten Krieg direkt an der Berliner Mauer einen Gemüsegarten anlegen zu dürfen?
Die größte Begeisterung jedoch riefen bei den Schülern nicht zuletzt zwei künstlerisch geprägte Programmpunkte hervor, zum einen der Besuch im „Hamburger Bahnhof“, der wohl wie kein anderes Museum einen Überblick über moderne Kunst geben kann, von Joseph Beuys über Anselm Kiefer bis Andy Warhol, zum andern der Besuch im Varietétheater „Chamäleon“, einer in Deutschland so wohl nur in Berlin zu erlebenden Institution mit einer grandiosen Mischung aus Artistik und Kabarett.
Den Abschluss der Berlinfahrt bildete ein Besuch in der Gedenkstätte Hohenschönhausen, einstmals berüchtigtes Stasi-Gefängnis. Ein Zeitzeuge verdeutlichte auf hochinteressante, aber nicht minder beklemmende Weise die perfiden und psychologisch perfektionierten Methoden der DDR-Staatssicherheit im Umgang mit den so genannten politischen Häftlingen.
Trotz der Kürzung der Fahrt auf nunmehr drei statt fünf Tage bleibt zu hoffen, dass die beinahe schon traditionelle Berlinfahrt der Zehntklässler des Gymnasiums Eschenbach in dieser Form weitergeführt werden kann. Die tiefen Eindrücke, die diese Exkursion bei den Schülern hinterlassen hat, kann sicherlich kein anderes Medium so transportieren wie das direkte Erleben „mittendrin“ in der größten Stadt Deutschlands.