„Danke, Herr Lehrer, für die Strafe“

Kopfnüsse, Ohrenziehen, Tatzen auf die Hände oder den Hosenboden und als Antwort des Schülers die Aussage „Danke, Herr Lehrer, für die Strafe“ – alles Schulgeschichte, aber für die Klassen 8a und 8c des Gymnasiums wurde das Schülerdasein in der Zeit von 1925 bis 1960 lebendig.

Ausgangspunkt war eine Klassenlektüre im Deutschunterricht, in der Schule und Unterricht um 1900 thematisiert wurden. Mehr über die Schule, den Unterricht, die Lehrer in dieser Zeit zu erfahren war dann das Ziel einer Exkursion ins Schulmuseum nach Sulzbach. Zwei original eingerichtete Klassenzimmer aus der Zeit um 1875 und 1920  ließen Schulgeschichte hautnah erleben: sieben Jahrgangsstufen in einem Klassenzimmer, über 70 Schüler in einem Raum, dürftige Einrichtungen, harte Schulbänke mit einem Tintenfass, kaum Unterrichtsmaterialien und ein Katheder, von dem aus der Lehrer das Klassenzimmer gut überblicken konnte.

161124 Schulmuseum2  161124 schulmuseum 1

Fußmärsche von bis zu zwei Stunden bei Wind und Wetter konnten sich die Schüler zwar nur vorstellen, die harte Realität wurde aber deutlich bei der Schilderung, dass bei den Mädchen die typischen Haarschnecken über den Ohren keine Modeerscheinung der damaligen Zeit waren, sondern einen praktischen Nutzen als Ohrenschützer vor Kälte und Wind hatten. Die Schülerinnen und Schüler spielten nach und erlebten, wie man einem Lehrer damals zu antworten hatte (aufstehen, gerade hinstellen und in ganzen Sätzen reden), wie man ein Klassenzimmer betrat oder verließ (gemäß dem Alter, in Zweierreihen, die äußere Hand auf der Schulter des Vorgängers), wie man in der Schulbank saß (aufrecht, Hände auf den Tisch, Daumen nach unten). Sie schrieben in deutscher Schrift auf Schiefertafeln, lernten Disziplinierungsmethoden wie Tatzen, Holzscheitknien oder die Eselsbank kennen.Die Eselsbank stand am Fenster und das Schulhaus in der Dorfmitte, das bedeutete, dass sich die Nachricht über das Fehlverhalten eines Schülers auch ohne moderne Technik genauso schnell verbreitete wie eine WhatsApp-Nachricht heute.

Nach der Pause, die historisch auf zwei getrennten Pausenhöfen für die Jungen und Mädchen stattfand, rief die Schulglocke die Gymnasiasten in ein Schulzimmer um 1920. Her faszinierten vor allem die Lehrmittel, erste Schulbücher, Lesefibeln, eine in Alkohol eingelegte Ringelnatter, das Skelett eines Spechts, das der Lehrer „anfertigen“ ließ, indem er den toten Vogel für sechs Wochen in einen Ameisenhaufen eingrub. Drei Stunden Museumsführung mit vielen Erzählungen und dem Hintergedanken, dass die Großeltern und Urgroßeltern Schule so erlebt hatten, waren ein fesselnder Unterrichtstag.

Nicht praktisch getestet wurde der Karzer, der ebenso wie längeres Strammstehen, kein Anzweifeln oder Diskutieren von Anordnungen des Erziehers Thema sein wird bei der nächsten Station des Projekts „Schule“. Die beiden Klassen werden mit ihren Deutschlehrkräften ein Buch lesen über die Jugendwerkhöfe in der ehemaligen DDR, wo auffällige Jugendliche „erzogen“ werden sollten und hier lassen sich durchaus Parallelen zwischen 1875 und 1988 finden.